Dämmen mit Altpapier

Recypap - Die Ökologische Wärmedämmung auf Papierbasis


Zur Wärmedämmung von Häusern wird heute meist Polystyrol verwendet. Ökologisch gesehen weist dies jedoch viele Nachteile auf. Es wurde daher ein Material auf Altpapierbasis (recypap) entwickelt, hergestellt und auf seine Eigenschaften wie zum Beispiel Wärmeleitfähigkeit und Brandschutz getestet. recypap brennt nicht, ist aus ökologischer Sicht sinnvoller als Polystyrol und lässt sich einfacher verarbeiten.

Bei aktuellen Diskussionen um die Einsparung von (Wärme-)Energie und die Senkung des CO2-Ausstoßes spielen Wärmedämmstoffe an Gebäuden eine wichtige Rolle. Sie werden an Gebäuden angebracht, um den hohen Energieverbrauch zu senken und somit das sogenannte Niedrigenergiehaus oder Nullenergiehaus zum Standard zu machen. Den rechtlichen Hintergrund regelt die Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, die zuletzt 2014 erneuert wurde. Jedoch sind viele Wärmedämmstoffe heutzutage nicht so umweltverträglich, wie viele denken.

Einer der heute gängigsten Dämmstoffe, Polystyrol, ist relativ günstig, hat jedoch schlechte Brandschutzeigenschaften und wird aus Erdöl hergestellt. Erdöl ist ein fossiler Rohstoff und nur in begrenzten Mengen vorhanden. Aufgrund dessen können die Gebäude nicht unendlich lange mit Polystyroldämmplatten gedämmt werden. Zusätzlich muss Polystyrol, nachdem es von der Hauswand entfernt wurde, demnächst wahrscheinlich auf dem Sondermüll deponiert werden [1]. Dies verursacht nicht nur Kosten für die Abrissarbeiten, sondern auch für die spezielle Entsorgung und den Transport.

Ebenfalls gängige Wärmedämmstoffe sind Mineralfaserwollen, wie zum Beispiel Stein- und Glaswolle. Diese Wärmedämmstoffe werden aus den nahezu unendlichen (Roh-)Stoffen Stein und Glas hergestellt. Das Problem an diesen Wärmedämmstoffen ist ihr sehr hoher Preis von circa 26 Euro pro Quadratmeter und einer Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/m · K. Zudem werden beim Zuschneiden kleine, gesundheitsschädliche Fasern freigesetzt.

Weitere Wärmedämmstoffe sind Calciumsilicat und Blähglasgranulat oder Hanf, isofloc und ähnliche. Die zuletzt genannten sind zwar ökologisch sinnvoll, da diese Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, sie sind aber meist sehr teuer.

Aus diesem Grund habe ich recypap entwickelt. recypap ist ein auf Basis von Altpapier hergestellter Wärmedämmstoff, der weder entflammbar, noch schwer zu entsorgen ist. recypap lässt sich recyceln. Außerdem ist recypap jetzt schon mit einem Preis von circa 16 Euro pro Quadratmeter günstiger als Polystyroldämmplatten und Mineralfaserwollen.

Einer Wärmedämmung liegen viele physikalische und bauphysikalische Kenngrößen zugrunde. Diese werde ich in den folgenden Kapiteln behandeln, da der Wärmeschutz, neben der Verarbeitbarkeit sowie der Gesundheits- und Umweltverträglichkeit, einer der wichtigsten Aspekte des Projektes ist.

2.1.1 Wärme, Temperatur und Wärmekapazität

Die Energieform Wärme wird bei einer Temperaturdifferenz zwischen zwei Stoffen ausgetauscht [2]. Die Temperaturänderung gibt an, in welche Richtung die Wärmeenergie fließt. Wärme fließt von einem Stoff mit hoher Temperatur zu einem Stoff mit niedriger Temperatur [3]. Der Temperaturanstieg eines Stoffes ΔT hängt von der Wärmemenge Q, die man ihm zuführt, der Masse m des Stoffes und seiner spezifischen Wärmekapazität c ab. Q ist proportional zu m, c und ΔT. Daraus ergibt sich die Formel:

\(Q=m\cdot c\cdot\Delta T\) (1)

Die spezifische Wärmekapazität lässt sich mithilfe eines Kalorimeters über folgende Formel bestimmen:

\(\theta_M=\frac{c_1\cdot\theta_1\cdot m_1+\ c_2\cdot\theta_2\cdot m_2}{c_1\cdot m_1+\ c_2\cdot m_2}\ \Longleftrightarrow c_1=\frac{(\theta_2-\theta_M)\cdot\ c_2\cdot m_2}{\left({\theta_M-\theta}_2\right)\cdot m_1}\) (2)

Dabei sind \(θ_1\) und \(θ_2\) die Ausgangstemperaturen der zwei Stoffe und \(θ_M\) die Mischungstemperatur beider Stoffe, c und m wie oben. Diese Formel gilt nur, wenn kein Aggregatzustandswechsel stattgefunden hat [4]!

 

2.1.2 Wärmeübertragungsvorgänge

In einem System fließt Wärme solange von der wärmeren Seite zur kälteren Seite, bis ein Temperatur­ausgleich hergestellt ist. Es gibt drei Arten, wie Wärme transportiert wird:

Wärmestrahlung ist der Transport der Wärme zwischen zwei Körpern durch elektromagnetische Wellen. Das bedeutet, dass für diese Art der Wärmeübertragung keine Materie benötigt wird, sie kann auch im Vakuum stattfinden. Jeder Körper reflektiert einen Teil (Reflexion), absorbiert einen Teil (Absorption) und lässt einen dritten Teil der Wärme hindurch (Transmission). Die Summe dieser drei Teile ist 100 Prozent.

Bei der Konvektion wird Wärme durch die Strömung von Gasen oder Flüssigkeiten weitergegeben. Ein Beispiel für die Konvektion ist das Erhitzen von Wasser. Hierbei steigt von der Heizplatte erwärmtes Wasser auf und kälteres sinkt ab. Auch die Wärmeversorgung durch den Blutkreislauf bei Menschen und Tieren resultiert aus der Wärmeübertragung durch Konvektion.

Wärmeleitung ist die Übertragung von Wärme durch die Bewegung von schnell schwingenden Molekülen, die an benachbarte, langsamer schwingende Moleküle anstoßen. Die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung hängt von der Temperatur und dem Material ab, durch das die Wärme hindurch geleitet wird. Ein gutes Beispiel für die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung ist ein Metallstab, der, wenn man ihn an einem Ende erwärmt, am anderen Ende sehr schnell warm wird. Die Wärmeleitung eines Stoffes ist von der Wärmeleitfähigkeit λ, von der Stoffdicke Δx, von der Temperaturdifferenz \(Θ_s1-Θ_s2\) und von der Größe der Querschnittsfläche A abhängig. Für einen an den Rändern adiabaten, also wärmeundurchlässigen, Baustoff kann man, um die Wärmemenge Q zu bestimmen, folgende Formel aufstellen.

\(Q\ =\ \lambda\cdot\ \frac{\left(\theta_{s1}-\ \theta_{s2}\right)}{\mathrm{\Delta x}}\cdot A\ \cdot\mathrm{\Delta t}\) (3)

 

2.1.3 Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit ist eine temperaturabhängige Stoffeigenschaft, die beschreibt, wie gut beziehungsweise wie schlecht ein Stoff Wärme leitet. Aus der in Kapitel 2.1.2 genannten Formel 3 zur Wärmeleitung lässt sich eine Formel zur Berechnung der Wärmeleitfähigkeit herleiten:

\(\lambda=\ \frac{Q\ \cdot\Delta x}{A\ \cdot\Delta t\ \cdot\left(\theta_{s1}-\ \theta_{s2}\right)}=\ \frac{Q\ \cdot l}{A\ \cdot t\ \cdot\Delta T}\) (4)

Die dazugehörigen Einheiten lauten:

\(\left[\lambda\right]=\frac{W}{m\cdot K}=\ \frac{J\cdot m}{m^2\cdot s\cdot K}\) (5)

Da Gase aufgrund der großen Entfernung der Teilchen zueinander sehr schlechte Wärmeleiter sind, beruhen moderne Wärmedämmstoffe auf dem Prinzip des Gaseinschlusses. Jedoch kann man sein Haus nicht nur mit einer dicken Luftschicht dämmen, da sonst die Wärmeübertragung durch Konvektion eine größere Rolle spielen würde. Gute Wärmedämmstoffe verhindern diese unerwünschte Konvektion, enthalten aber trotzdem möglichst viel Luft. Die Wärmeleitfähigkeit spielt für Wärmedämmstoffe die wichtigste Rolle, da diese zum Großteil die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung verhindern. Konvektion beispielsweise spielt kaum eine Rolle, da die Wände, das Mauerwerk und der Putz nahezu Luft undurchlässig sind.

In der Bauphysik werden die physikalischen Phänomene der Physik auf Gebäude und Baustoffe angewandt. Es gibt viele Kenngrößen, die vor allem zur Berechnung von Wärmeübertragungsvorgängen dienen.

Wärmeübergangswiderstand

Der Wärmeübergangswiderstand Rs einer Bauteiloberfläche setzt sich aus dem Kehrwert der Summe der Wärmeübergangskoeffizienten hk und hs (Wärmeübergangskoeffizienten der Wärmetransportprozesse Konvektion und Strahlung) zusammen. Da diese Prozesse auf beiden Seiten eines Bauteils stattfinden, wird Rs zu Rsi und Rse erweitert. In der DIN EN ISO 6946 werden die Bemessungswerte für diese Wärmeübergangswiderstände festgehalten.

\(R_s=\frac{1}{h_k+h_s}\) (6)

Durch den Wärmeübergangswiderstand wird der Widerstand beschrieben, den die Transportprozesse Konvektion und Strahlung an einer Oberfläche (in diesem Fall an einer Bauteiloberfläche) haben. Je höher dieser Widerstand ist, desto weniger Wärme wird durch Konvektion und Strahlung an dieser Oberfläche übertragen.

Wärmedurchlasswiderstand

Jeder Stoff besitzt einen Wärmedurchlasswiderstand R. Dieser Wärmedurchlasswiderstand bildet sich aus dem Quotienten der Stoffdicke d und der Wärmeleitfähigkeit λ.

\(R=\frac{d}{\lambda}\) (7)

Der Wärmedurchlasswiderstand beschreibt den Widerstand, den ein Baustoff mit der Dicke d der Wärme entgegensetzt. Je höher der Wärmedurchlasswiderstand ist, desto weniger Wärme lässt der Baustoff hindurch.

Wärmedurchgangswiderstand

Der Wärmedurchgangswiderstandbeschreibt die Summe aller Wärmeübergangs- und Wärmedurchlasswiderstände.

\(R_T=R_{si}+R_1+R_2+\ldots+R_n+R_{se}\) (8)

Mit

\({[R}_T]=\frac{m^2⋅K}{W }\)

Da der Wärmedurchlasswiderstand die Summe der zuvor genannten Widerstände beschreibt, wirken sich auch hier hohe Werte positiv auf die Wärmedämmeigenschaften aus.

Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert)

Der Wärmedurchgangskoeffizient beziehungsweise U-Wert (früher k-Wert) ist in homogenen Schichten der Kehrwert des Wärmedurchgangswiderstandes.

\(U=\frac{1}{R_T}\) (9)

Der Wärmedurchgangskoeffizient beschreibt, wie gut beziehungsweise wie schlecht die Wärme durch ein mehrschichtiges Bauteil, wie zum Beispiel eine Hauswand, hindurchgeht. Jedoch gilt diese Formel nur bei homogenen Bauteilen.

Bei inhomogenen Bauteilen kann der Gesamt- U-Wert nur durch die Bildung des arithmetischen Mittels der oberen und unteren Grenzwerte bestimmt werden.

In der Energieeinsparverordnung (EnEV) wird festgelegt, welchen U-Wert unter anderem eine Hauswand maximal besitzen darf. Je geringer der U-Wert ist, desto weniger Wärme wird beispielsweise durch die Hauswand hindurch gelassen.

Wärmestromdichte

Die Wärmestromdichte q weist bei einem eindimensionalen Bauteil immer denselben Wert auf. Sie beschreibt den stationären Temperaturverlauf durch ein mehrschichtiges Bauteil und wird wie folgt bestimmt:

\(q\ =\ U\ \cdot\left(\theta_i-\ \theta_e\right)\) (10)

Es gilt:

\(q_i=\ q_1=\ q_2=\ \ldots\ =\ q_n=\ q_e=\ q\) (11)

Moderne Wärmedämmstoffe besitzen neben ihrer Haupteigenschaft, der Verhinderung von Wärmeübertragung, auch noch weitere praktische Eigenschaften.

Wärmedämmstoffe werden, wie andere Baustoffe üblicherweise auch, in Brandschutzklassen nach DIN 4102 beziehungsweise DIN EN 13501 eingeteilt. Diese Brandeigenschaften reichen von der Kategorie A (nicht brennbar) bis Kategorie F (leicht entflammbar).

Auch schalldämmende Eigenschaften sind bei modernen Wärmedämmstoffen weit verbreitet. Wetterfeste Eigenschaften erhalten Wärmedämmstoffe zum Beispiel durch das Montieren an der Hauswand und das spätere Verputzen, da sie so weitestgehend von der Umwelt abgeschirmt sind.

Auch lassen sich moderne Wärmedämmstoffe verschieden gut oder schlecht verarbeiten, denn bei vielen Faserdämmstoffen treten beim Zuschneiden gesundheitsschädliche Fasern aus.

Die Wärmekapazität wirkt sich auch auf die Eigenschaften verschiedener Wärmedämmstoffe aus. Besitzt ein Wärmedämmstoff beispielsweise eine geringe Wärmekapazität, so heizt sich die Fassade bei gedämmten Gebäuden im Sommer sehr schnell auf. Aus diesem Grund müssen Polystyrol gedämmte Gebäude in hellen Farben angestrichen werden, da sich ansonsten die Fassade zu stark erhitzen würde.

Mein Ziel ist, einen rundum guten Wärmedämmstoff herzustellen. Dazu setzte ich mich nicht nur mit den in Kapitel 2 beschriebenen Prinzipien auseinander, sondern auch mit nicht fossilen Rohstoffen. Diese Rohstoffe sollen möglichst schnell nachwachsen und am Besten schon heutzutage als Abfallprodukt in großen Mengen vorhanden sein. Dabei wollte ich die ökologischen Aspekte nicht aus dem Auge verlieren. Die Basis des neuen Wärmedämmstoffs muss eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit besitzen, jedoch flexibel genug sein, um den noch schlechteren Wärmeleiter Luft in sich zu integrieren.

Der neue Wärmedämmstoff soll folgende Kriterien erfüllen:

  • guter Wärmedämmstoff
  • umweltfreundlich
  • recyclebar
  • nicht brennbar
  • gut zu verarbeiten
  • günstig

So stieß ich auf Papier. Papier ist nicht nur ein nachwachsender Rohstoff, Papier wird schon heutzutage wiederverwertet. Somit musste ich nur noch die Wärmedämmung ins Papier bringen. Ziel war es also, in das Papier viele kleine Lufteinschlüsse zu integrieren. Zu groß dürfen diese Lufteinschlüsse jedoch nicht sein, da ansonsten Wärmeübertragung durch Konvektion stattfindet.

Um Lufteinschlüsse zu erhalten, vermengte ich, als eine erste Version von recypap, Altpapierschnipsel und Wasser und stellte das Gemisch für mehrere Tage zum Trocknen nach draußen. Der so erhaltene erste Prototyp (siehe Abb. 1) war sehr leicht und hatte viele Lufteinschlüsse, jedoch stellte es mich nicht zufrieden, da man diese dünne Platte sehr leicht durchbrechen konnte, was aus statischen Gründen nicht ausreichend war. Dieses Problem versuchte ich durch Pressen der Mischung zu beheben. Auch diese Idee führte zu einem nicht akzeptablen Ergebnis, da diese zweite Version meiner Platten nun nicht mehr die gewünschten Lufteinschlüsse besaß.

Aus diesem Grund überlegte ich mir ein neues Herstellungsverfahren. Ich gab den Altpapierschnitt und das Wasser in einen Mixer, sodass ein Papierbrei entstand. Trocknungsversuche an der Luft ergaben, dass der Papierbrei nach mehreren Tagen noch nicht getrocknet war und anfing, übel zu riechen. Aus diesem Grund versuchte ich, den Papierbrei in einem Ofen zu trocknen. Die Platten wurden bei 100 °C getrocknet. Das Ergebnis war sehr zufriedenstellend, da diese Version von recypap nicht nur bruchfester als zuvor war, sondern auch viele kleine Lufteinschlüsse besaß.

Nach der Entwicklung eines ersten Prototyps sollte ein Test zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit folgen. Da mir jedoch keine professionellen Geräte zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit zur Verfügung standen, habe ich selbst ein Testverfahren zum Vergleich der Wärme leitenden Eigenschaften entwickelt.

Meine Messvorrichtung besteht aus einem selbst entwickelten und selbst gefertigten Polystyrol-Quader (siehe Abb. 2), in dem ein kleiner Hohlraum eingelassen ist. In diesem nach oben offenen Hohlraum befindet sich eine Heizfolie, die an einen Schaltkreis angeschlossen ist, welche den Hohlraum bei jedem Messvorgang auf eine Temperatur zwischen 50 °C und 56 °C erwärmt. Um einen möglichst großen Temperaturunterschied zwischen der Innen- und Außentemperatur herzustellen, finden die Messungen in einem Kühlschrank mit einer Temperatur von circa 2 °C statt. Zudem sorgt der Kühlschrank für eine relativ konstante Außentemperatur. Bevor eine Messung startet, wird der zu untersuchende Wärmedämmstoff auf die Öffnung des Hohlraums gelegt.

Um die Messung zu starten, wird die Heizfolie mit einer Spannung von 12 V bei 1 A betrieben. Nun messen Temperatursensoren im Hohlraum und im Kühlschrank die Temperatur. Die Messwerte werden digital aufgezeichnet, damit sie später ausgewertet werden können. Nachdem sich der Hohlraum in der Messvorrichtung bis zum Maximum erhitzt hat, wird die Verbindung zum Stromkreis unterbrochen, damit die Temperatur im Hohlraum wieder sinkt. Aufgrund des Temperaturunterschiedes zwischen Kühlschrank und Hohlraum fließt die Wärme durch die zu messende Wärmedämmplatte und die restliche Messvorrichtung.

Auch wenn nicht die gesamte Wärme durch die zu messende Dämmplatte geleitet wird, kann man die gemessenen Wärmedämmplatten untereinander vergleichen. Zudem konnte ich eine Näherung für die Wärmemenge Q, bestimmen, indem ich die Gesamtoberfläche der Messvorrichtung \(A_{ges}\) und die Fläche im zu messenden Dämmstoff \(A_{Dämmstoff}\), durch die diese Wärmemenge fließt, ausgemessen und ihr Verhältnis zueinander berechnet habe.

\(A_{ges}=\ 0,7234\ cm^2,\ A_{Dämmstoff}= 0,0729 cm2\)

\(A_{Dämmstoff}\) besitzt circa 10 % der Größe von \(A_{ges}\), was bedeutet, dass bei homogenem Material circa 10 % der Wärmemenge Q durch den Dämmstoff fließen. Da aber noch andere Faktoren wie zum Beispiel die Wärmekapazität der verschiedenen Stoffe eine Rolle spielen, fließen nicht genau 10 % der Wärmemenge durch den zu messenden Wärmedämmstoff. Aus diesem Grund sind mit diesem Messverfahren nur Vergleichsmessungen möglich.

Mit der in Kapitel 4.2 beschriebenen Polystyrol- Box überprüfte ich ausgewählte Wärmedämmstoffe qualitativ auf ihre Wärmedämmeigenschaften. Dabei fiel auf, das Polystyrol ein schlechteres Wärmeleitverhalten aufwies als jede meiner gemessen recypap-Platten (rote Kurve in Abb. 3). Bei diesem Vergleich sah man deutlich, dass die Dicke der Platte maßgeblich für den Wärmedurchgang verantwortlich ist. Auch konnte man erkennen, dass bei gleich dicken recypap-Platten leicht verschiedene Kurven auftraten.

Nach der Wärmeleitfähigkeit habe ich mich nun mit den Brandschutzeigenschaften von recypap beschäftigt. Ich hatte schon mehrfach von großen Fassadenbränden gehört, bei denen die Wärmedämmung Polystyrol für das Ausmaß des Brandes mitverantwortlich gemacht wurde. Deswegen entwickelte ich einen Brandtest für die recypap-Platten. Ich befestigte eine recypap-Platte in einem Stativ und beflammte sie danach für mehrere Minuten mit einem Bunsenbrenner (siehe Abb. 4). Nach der Beflammung war recypap oberflächlich verkohlt, innen war nur ein leichtes Glimmen nachzuweisen.

Zur Verbesserung der Brandschutzeigenschaften von recypap beschäftigte ich mich mit herkömmlichen Flammschutzmitteln, wie Borsalze oder Hexabromcyclododecan (HBCD).

Ich fand heraus, dass das Flammschutzmittel HBCD nicht nur schädlich für die Umwelt, sondern sogar für den Menschen giftig ist. Deswegen ist HBCD seit August 2015 als Flammschutzmittel in Europa nicht mehr zulässig. Als Alternative suchte ich nach einem Salz, da auch andere Wärmedämmstoffe auf Papierbasis mit Salzen brandresistenter gemacht werden. Dieses Salz sollte bei der Erhitzung Wasser freisetzen, damit der Flamme Energie entzogen wird. Jedoch soll dieses Salz auch ungiftig für den Menschen und in ökonomischer Hinsicht akzeptabel sein. Aus diesem Grund suchte ich nach Salzen, die auch als Mineral in der Natur vorhanden sind. Ich stieß auf das Mineral Brucit. Das Mineral Brucit hat die chemische Zusammensetzung Mg(OH)2, (Magnesiumhydroxid). Der Schmelzpunkt liegt bei 350 °C. Ist diese Temperatur erreicht, zersetzt es sich zu Magnesiumoxid und Wasser. Um es in den Wärmedämmstoff zu integrieren, habe ich verschiedene Varianten und Mischungsverhältnisse hergestellt und getestet.

Zuerst verstrich ich eine dickflüssige Magnesiumhydroxid-Wasser-Lösung auf meiner Dämmplatte, so dass eine Art Schutzschicht entstand. Diese erwies sich beim Brandtest jedoch als nicht so wirkungsvoll. Bei der Anwendung müsste diese Schicht auf beiden Seiten der Dämmplatte aufgetragen werden. Dadurch würde weder der Putz, noch der Klebe- und Armierungsmörtel gut an dieser Fläche halten, da diese sehr glatt ist. Daraufhin überlegte ich mir, ob ich das Magnesiumhydroxid nicht in recypap integrieren kann. Aus diesem Grund vermengte ich das Magnesiumhydroxid mit der recypap-Rohmasse (siehe Abb. 5), sodass es durch die Papierfasern aufgesogen wird und in den Papierfasern integriert ist.

Da der erste Brandtest mit den neuen recypap- Platten sehr gut verlief, entschloss ich mich, diese Methode beizubehalten.

Aus dem in Kapitel 4.4 beschriebenen Verfahren habe ich ein einheitliches Testverfahren zur Bestimmung des Brandverhaltens entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich mich mit der diesbezüglich anzuwendenden Norm DIN 4102 vertraut gemacht.

Der in DIN 4102 beschriebene Versuchsaufbau war für mich nicht realisierbar. Aus diesem Grund musste ich einen eigenen Brandtest planen und konstruieren. Meine Wahl fiel auf den Bunsenbrenner, der in Abbildung 6 zu sehen ist, da die Flamme nur leicht nach oben gerichtet ist. Damit die Flamme immer am selben Punkt an der Platte angreift, musste ich entweder den Bunsenbrenner oder die Konstruktion, in der die Platte befestigt wird, schräg anbringen. Diese Version eines Brandtestes ist relativ simpel aber trotzdem aussagekräftig genug für mein Vorhaben gewesen.

Um eine optimale Mischung als Altpapierschnitt, Wasser und Magnesiumhydroxid zu finden, führte ich zwei Versuchsreihen durch. In der Versuchsreihe 1 wurden jeweils 400 g Altpapier 3500 g Wasser und eine steigende Menge Magnesiumhydroxid hinzugegeben. In der Versuchsreihe 2 wurden zu 400 g Altpapier 4000 g Wasser gegeben und wieder eine steigende Menge Magnesiumhydroxid [6]. Die Trocknungszeit betrug jeweils 16 Stunden bei 100 °C.

Mit diesen Versuchsreihen wollte ich herausfinden, wie viel Magnesiumhydroxid die recypap-Platten mindestens benötigen, um ein gutes Brandschutzverhalten zu zeigen. Auch wenn der Preis von Magnesiumhydroxid mit 8 Cent pro 100 Gramm sehr gering ist, so muss doch nicht mehr als nötig in den Dämmstoff gegeben werden. Zudem überprüfte ich, ob die Menge des zugegebenen Wassers in der Herstellung Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit des Endprodukts hat (siehe Kapitel 4.3).

In Abb. 7 sieht man die Ergebnisse der Brandtests nach einer halben Stunde auf der beflammten und auf der nicht beflammten Seite. Keine der recypap-Platten hat sich entflammt, während die Polystyrol-Platte zum Vergleich schon nach 5 Sekunden durchbrannte. Man sieht eindeutig, dass je mehr Magnesiumhydroxid (steigende Versuchsnummer bedeutet mehr Magnesiumhydroxid) eine Platte enthält, desto weniger dringt die Glut bis auf die nicht beflammte Seite durch. Auch die Menge des Wassers bei der Herstellung spielt scheinbar eine entscheidende Rolle, da es bei allen Mischungsverhältnissen inmitnerhalb der Trocknungszeit vollkommen verdampft. Wäre dies nicht der Fall, könnte das Wasser die Wärmeleitfähigkeit für einen Wärmedämmstoff negativ beeinflussen.

recypap soll viele Jahre an der Hauswand als Wärmedämmstoff wirken. Aus diesem Grund wollte ich mithilfe von Modellhäusern herausfinden, wie sich recypap verarbeiten lässt, wie sich die Verarbeitung an einer großen Fläche auf die Dämmeigenschaften auswirkt und wie sich recypap unter Umwelteinflüssen verhält.

Die Modellhäuser besitzen vier Wände, ein schräges Dach und einen Boden jeweils aus 1,6 cm dickem MDF (Mitteldichte Faserplatte). Sie wurden mit 2 cm dicken Wärmedämmplatten, bei Haus 1 mit Polystyrol, bei Haus 2 mit recypap (siehe Abb. 8), gedämmt. Bei beiden Häusern wurden die Wärmedämmplatten inmit handelsüblichem Klebe- und Armierungsmörtel mit der Hauswand verklebt (1,5 mm dick) und mit handelsüblichem Münchner Rauhputz (6 mm dick) verputzt. Beide Häuser wurden mit Temperatursensoren ausgestattet.

Die recypap-Platten sind mit einer Säge leicht zuzuschneiden, der entstandene Abfall kann aufgefegt oder weggespült werden. Weiterhin entstehen keine umweltgefährdenden Reste, den Abfall kann man wiederverwenden. Beim Zuschneiden von recypap benötigt man, im Gegensatz zu anderen Faserdämmstoffen, keinen Atemschutz, da keine gefährlichen Stäube entstehen.

Die Polystyrol-Platten hingegen kann man nicht mit einer einfachen Säge zuschneiden, da dabei kleine Polystyrol Kügelchen abfallen und an den Händen haften. Aus diesem Grund musste ich, um die Polystyrol-Platten zuschneiden zu können, einen heißen Draht benutzen. Dieser ist jedoch sehr sperrig, was beim Einsatz auf Baustellen zu Problemen führen kann. Zudem entstehen giftige Dämpfe.

Auch das Verkleben mit der Außenwand und das Verputzen ist bei recypap-Platten nicht schwieriger als bei Polystyrol. Insgesamt war der Arbeitsaufwand und die Umweltbelastung bei der Verarbeitung der recypap-Platten deutlich geringer als bei Polystyrol.

Mit den Modellhäusern konnte ich nun Realtests durchführen. In den Modellhäusern befindet sich jeweils ein kontinuierlich heizendes Heizelement und Temperaturfühler, die an der Innenseite der Vorderwand, zwischen Wärmedämmstoff und Mörtel, und an der Außenseite der Vorderwand die Temperatur messen. Über ein digitales Messwerterfassungssystem wird, zusätzlich zu den Temperaturen der einzelnen Häuser, die Außentemperatur aufgezeichnet und an einen Computer übermittelt. Dieser zeichnet den Temperaturverlauf auf (siehe Abb. 9).

Die Temperaturschwankungen stellen hauptsächlich die Temperaturschwankungen im Verlaufe des Tages dar. Aus diesen Temperaturschwankungen resultieren auch die Schwankungen innerhalb der Modellhäuser. Die Temperatur im recypap-Haus ist gleichbleibend geringer als im Polystyrol-Haus, was wahrscheinlich an einer geringeren Heizleistung des Heizelementes im recypap-Haus liegt.

In meinen bisherigen Vergleichsmessungen schnitt recypap besser ab als Polystyrol. Dass dies dieses mal nicht so ist, könnte an Wärmebrücken liegen (siehe Grafik). Diese entstehen, weil die recypap-Platten eine kleinere Fläche besitzen als die Polystyrol-Platten. Deswegen sind Fugen zwischen den einzelnen Platten vorhanden. Durch diese Fugen entstehen Wärmebrücken, durch welche die Wärme schneller entweicht als durch die recypap-Platten. Dies kann man in Abbildung 10 daran erkennen, dass die Innentemperatur im recypap-Haus immer geringer ist als im Polystyrol-Haus. Auch sind die Lücken in Abbildung 8 sehr gut zu erkennen.

Um zu überprüfen, wie gut der Wärmedämmstoff Polystyrol Wärme leitet, berechne ich, welche Außentemperatur bei den von mir verwendeten Bauteilen und den von mir gemessenen Werten herrschen müsste. Um diese Temperatur berechnen zu können, muss man zuerst berechnen, welchen Wärmedurchgangswiderstand die Wände meiner gedämmten Häuser besitzen.

Wie in Kapitel 2.2 beschrieben, bildet sich der Wämedurchgangswiderstand \(R_T\) aus der Summe aller Wärmedurchlasswiderstände.

Berechnung der Wärmedurchgangswiderstände ([5]):

5 mm dicke Luftschicht innen \(R_{si}=0,17 \frac{m^2⋅K}{W}\)

1,6 cm dicke MDF Platte mit  \(\lambda=0,1\frac{W}{m⋅K}\)     \(R_1=\frac{0,016m}{0,1\frac{W}{m⋅K}}≈0,16 \frac{m^2⋅K}{W}\)

1,5 cm dicke Mörtelschicht mit  \(\lambda=0,83\frac{W}{m⋅K}\)     \(R_2=\frac{0,015m}{0,83\frac{W}{m⋅K}}≈0,001807\frac{m^2⋅K}{W}\)

2 cm dicker Wärmedämmstoff mit  \(\lambda=0,035\frac{W}{m⋅K}\)     \(R_3=\frac{0,02m}{0,035\frac{W}{m⋅K}}≈0,57\frac{m^2⋅K}{W}\)

6 mm dicke Putzschicht mit  \(\lambda=0,87\frac{W}{m⋅K}\)     \(R_4=\frac{0,006m}{0,87\frac{W}{m⋅K}}≈0,006897\frac{m^2⋅K}{W}\)

5 mm dicke Luftschicht innen  \(R_{se}=0,11\frac{m^2⋅K}{W}\)

Daraus ergibt sich ein Wärmedurchgangswiderstand nach Formel 8 von  \(R_T≈0,958704\frac{m^2⋅K}{W}\)

Daraus folgt nach Formel 9:  \(U=\frac{1}{R_T} ≈1,04307\frac{W}{m^2⋅K}\)

Daraus lässt sich die Wärmestromdichte q berechnen (Formel 10). Die Temperaturen \(θ_1\) und \(θ_3\) werden den Messungen entnommen.

\(q = U ⋅(\theta _1 - \theta _3)=1,04307 \frac{W}{m^2⋅K}⋅(17,00 °C - 9,14 °C)  =8,19853  \frac{W}{m^2}\)

Um nun zu bestimmen, an welcher Stelle der Wand, welche Temperatur herrschen müsste, habe ich bei jeder Schicht in der Wand, bei der zwei verschiedene Materialien aneinander anliegen, die Temperatur \(θ_{Schicht a/Schicht b}\) bestimmt, indem ich den Quotienten des U-Wertes von Schicht a mit der Wärmestromdichte q multiplizierte und dieses Produkt von der Außentemperatur von Schicht a subtrahierte.

Rechnerische Temperaturen an verschiedenen Stellen in der Wand:

\(θ_{1/2}=θ_{si}-\big(\frac{d_1}{λ_1}\big) ⋅q=17,00 ℃-\big(\frac{0,016m}{0,1\frac{W}{m⋅K}}\big) ⋅ 8,19853 \frac{W}{m^2}\)

\(θ_{1/2}≈15,69 ℃\)

\(θ_{2/3}=θ_{1/2}-\big(\frac{d_2}{λ_2}\big) ⋅q=15,69 ℃-\big(\frac{0,015m}{0,83\frac{W}{m⋅K}}\big) ⋅ 8,19853 \frac{W}{m^2}\)

\(θ_{2/3}≈15,67 ℃\)

\(θ_{3/4}=θ_{2/3}-\big(\frac{d_2}{λ_2}\big) ⋅q=15,67 ℃-\big(\frac{0,02m}{0,035\frac{W}{m⋅K}}\big) ⋅ 8,19853 \frac{W}{m^2}\)

\(θ_{3/4}≈10,99 ℃\)

\(θ_{se}=θ_{3/4}-\big(\frac{d_2}{λ_2}\big) ⋅q=10,99 ℃-\big(\frac{0,006m}{0,87\frac{W}{m⋅K}}\big) ⋅ 8,19853 \frac{W}{m^2}\)

\(θ_{se}≈10,93 ℃\)

Somit müsste die Außentemperatur circa 10,93 °C betragen. Die tatsächliche Temperatur lag bei 9,14 °C. Da \(θ_2\) in der Messung 15,81 °C beträgt, bedeutet das, dass die Wärmeleitfähigkeit von Polystyrol nicht \(0,035 \frac{W}{m⋅K}\) beträgt, sondern einen höheren, also schlechteren Wert aufweist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das von mir gebaute Polystyrol-Haus die von mir erwartete Wärmestromdichte besitzt. Zwar liegen die errechnete und die gemessene Temperatur etwas auseinander, jedoch wird sich dieser Temperaturunterschied wahrscheinlich durch leicht abweichende Wärmeleitfähigkeitswerte der verschiedenen Baumaterialien ergeben haben.

Wie beschrieben hatten die Modellhäuser einige Nachteile. Um die Berechnung zu idealisieren, habe ich jeweils einen Quader aus recypap und einen aus Polystyrol gebaut (siehe Abb. 10). Sie sind ähnlich aufgebaut wie die Modellhäuser, denn auch sie besitzen im Inneren Heizfolien zum Heizen und Thermosensoren an der Innen- und Außenseite der Wand. Diese Quader sollen mir einen Vergleich unter realen Bedingungen liefern, ohne dass Faktoren wie zum Beispiel Wärmebrücken oder Fugenstöße eine Rolle spielen.

Wie auch die Hausmessungen fanden die Quader-Messungen draußen statt. Das Heizelement hier war jedoch ein Gefäß mit heißem Wasser.

In Abbildung 11 sieht man den Temperaturabfall der beiden Quader bei gleichen Außenbedingungen. Man erkennt, dass die Innentemperatur im Polystyrol-Quader deutlich schneller abnimmt als beim recypap-Quader. Die Außenoberflächentemperatur des recypap-Quaders war höher als die des Polystyrol-Quaders. Dies kann ich mir nur mit unterschiedlichen Wärmekapazitäten erklären. Aus diesem Grund habe ich die Messungen mit einem erhitzen Wassergefäß als Wärmequelle wiederholt.

Das Wassergefäß diente als Wärmespeicher, da das Wasser eine sehr hohe Wärmekapazität besitzt \((4181\frac{j}{kg⋅K})\). Somit erhitzt es die Luft.

Dabei sieht man in Abbildung 12, dass sich die Luft (Wärmekapazität: \(1005,4\frac{j}{kg⋅K}\)) im Polystyrol-Quader deutlich stärker erhitzt als die vom recypap-Quader. Daraus lässt sich schließen, dass recypap eine deutlich höhere Wärmekapazität besitzt als Polystyrol, da ein Teil der Wärmeenergie, die das Wasser abgibt, vom recypap gespeichert wird. Bei den bisherigen Messungen wurde der Einfluss der Wärmekapazität nicht berücksichtigt. Dieser Einfluss würde den Unterschied in den Messergebnissen der Quader-Vergleichsmessungen und den Modellhausmessungen erklären. In diesen Messungen wird nur der Wärmedämmstoff und die Luft erwärmt, jedoch ist der Wärmedämmstoff ein wichtiger Energiespeicher.

Um die spezifische Wärmekapazität von recypap zu berechnen, musste ich zuerst die Dichte von recypap bestimmen

\(ρ_{recypap}=0,228 \frac{g}{cm^3}=228 \frac{kg}{m^3}\)

Da die Dichte von Papier (\(≈ 800\frac{kg}{m^3}\)) und Luft (\(≈ 1,2\frac{kg}{m^3}\)) bekannt ist, lässt sich daraus der prozentuale Anteil der beiden enthaltenen Stoffe, Luft und Papier, berechnen: Der Anteil an Papier im recypap liegt bei circa 28 Prozent und der Anteil der Luft bei circa 72 Prozent. Da von Papier und Luft die spezifischen Wärmekapazitäten bekannt sind, lässt sich die ungefähre spezifische Wärmekapazität mit einer einfachen Addition berechnen.

\(c_{recypap}=c_{Papier}⋅p_{Papier}+c_{Luft}⋅p_{Luft}\)

\(c_{recypap}≈0,28⋅1200 \frac{J}{kg⋅K}+0,72⋅1005,4 \frac{J}{kg⋅K}≈1059,89 \frac{J}{kg⋅K}\)

Um zu überprüfen, ob die Auffälligkeiten der Messung mit den Quadern wirklich mit der Wärmekapazität in Verbindung gebracht werden können, muss zunächst die absolute Wärmekapazität der beiden Quader berechnet werden.

\(C=c⋅m\)

\(C_{Recypap-Quader}=1059,89 \frac{J}{kg⋅K}⋅1,665kg≈ 1764,72 \frac{J}{kg}\)

\(C_{Polystyrol-Quader}=1500 \frac{J}{kg⋅K}⋅0,130kg≈ 195 \frac{J}{kg}\)

Da die absolute Wärmekapazität des recypap-Quader fast zehn mal höher ist als die des Polystyrol-Quader ist, liegen die Unterschiede in den Graphen in Abbildung 12 höchstwahrscheinlich an der Wärmekapazität, da das recypap viel mehr Wärme speichert als Polystyrol.

Aber die höhere absolute Wärmekapazität hat nicht nur Nachteile. Wenn sich beispielsweise die Fassade im Sommer stark erhitzt, kühlt eine mit Polystyrol gedämmte Fassade deutlich schneller ab als eine mit recypap gedämmte. Diese schnelle Abkühlung fördert unter anderem den Algenwuchs.

Ich ließ die Wärmeleitfähigkeit von recypap mithilfe einer Transient-Heat-Bridge der Firma Linseis bestimmen. Das Gerät besteht aus einem 3 x 3 mm großen Sensor, der zwischen zwei Proben platziert wird. An dieser Stelle wird dann die Probe erwärmt und die Temperatur kontinuierlich gemessen.

Mithilfe der Messwerte wird dann automatisch die Wärmeleitfähigkeit des Stoffes errechnet. Um die Wärmeleitfähigkeit von recypap zu bestimmen, schnitt ich eine recypap-Platte vom Typ 2.0 (siehe Tabelle 1) auf eine Größe von 3 x 3 cm zu, die raue Ober- und Unterseite wurde abgeschnitten und die Platte in der Mitte geteilt. Zwischen diesen beiden Plattenteilen wurde der Sensor eingespannt. Dabei wurde für recypap ein Wärmeleitfähigkeitswert von \(λ = 0,09 \frac{W}{m⋅K}\) ermittelt. Das bedeutet, dass recypap eine höhere Wärmeleitfähigkeit hat als Polystyrol und damit weniger gut dämmt. Jedoch besitzt recypap gegenüber Polystyrol einige andere Vorteile, wie zum Beispiel die bessere Verarbeitbarkeit, den Brandschutz und die Diffusionsoffenheit.

Eine 400 Gramm schwere recypap-Platte benötigt zur Herstellung mindestens 3500 ml Wasser, da sonst zu wenig Wasser zum Mixen vorhanden ist. Vergleiche von Versuchsreihe 1 und 2 (siehe Tab. 1) zeigen, dass eine Menge von 500 ml Wasser mehr oder weniger in der Herstellung bei dem Wärmeleitfähigkeitstest aus Kapitel 4.2 keinen Unterschied macht.

Je mehr Magnesiumhydroxid man den recypap-Platten beimischt, desto besser werden die Brandschutzeigenschaften von recypap.

Polystyrol besitzt in meinem Modellversuch wie erwartet eine scheinbar geringere Wärmeleitfähigkeit als recypap. Eine Erklärung hierfür liefert die Beobachtung, dass im recypap-Haus deutlich mehr Wärmebrücken vorhanden sind als im Polystyrol-Haus.

Der recypap-Quader heizt sich mehr auf als der Polystyrol-Quader. Somit geht aus dem Inneren Wärme verloren, die jedoch im recypap zum Teil gespeichert wird und deswegen bei einer Abkühlung an das Haus zurückgegeben wird.

Es wurde ein Wärmedämmstoff entwickelt, der, obwohl er auf Papier basiert, nicht entflammbar ist und auch sehr einfach zu verarbeiten ist. Dabei ist es gelungen, das Mischungsverhältnis zu optimieren. Recypap besitzt sehr gute Wärmedämmeigenschaften und ist zudem ökonomisch und ökologisch sinnvoll.

Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken, die es mir ermöglicht haben, dieses Projekt zu entwickeln und professionell daran zu arbeiten. Das betrifft vor allem das Team des Schülerforschungszentrums Nordhessen und alle Betreuer, die nicht nur mir, sondern auch anderen Schülern fast täglich zur Seite gestanden haben, auch in den Ferien. Insbesondere möchte ich mich bei Tobias Hofmann und Jörg Steiper bedanken, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Ohne das Schülerforschungszentrum Nordhessen wäre all das nicht möglich gewesen. Aber auch meinen Eltern sei hier Dank gesagt. Sie haben mich immer bei meinen Vorhaben unterstützt, egal wie spät es wurde.

Außerdem möchte ich der Firma Technoform, deren Vize Präsident Dr. Thorsten Siodla, Ferdinand Bebber, Boris Bosshammer, Bernd Dürringer für die Möglichkeit danken, professionelle Messungen durchführen zu können. Zusätzlich gilt mein Dank Dr. Gerrit Sprenger, der es mir ermöglicht hat, meine Erfindung zum Patent anzumelden.

[1] Alfons Oebbeke, Polystyrol-Dämmstoff künftig Sondermüll? www.baulinks.de/webplugin/2015/1804.php4, November 2015

[2] G. Mosca, P. Tipler, Physik für Wissenschaftler und Ingenieure. 6. Auflage. Springer Spektrum, 2012

[3] J. de Paula, P. Atkins. Physikalische Chemie, 4. Auflage, WILEY-VCH, 2012

[4] Gerthsen Physik, 21. Auflage, Dieter Meschede, 1995

[5] P. Häupl, M. Homann, C. Kölzow, 0. Riese, A. Maas, G. Höfker, C. Nocke, W. Willems, Lehrbuch der Bauphysik. 7. Auflage. Springer Vieweg, Wiesbaden, Juli 2012

[6] J. Schade, 2017. Verfahren zum Herstellen eines Ausgangsstoffes für die Herstellung eines Wärmedämmelementes, Verfahren zur Herstellung eines Wärmedämmelements. Anmeldung: 19.02.2016. DE, Patentschrift DE 10 2016 102 910.6. 24.08.2017