Hilfe für Obst- und Weinbauern

Ködern von Kirschessigfliegen mit optimierten Becherfallen


Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii ist ein aus Asien stammendes Insekt, welches seit wenigen Jahren in der Schweiz verbreitet vorkommt. Erst im Sommer und Herbst 2014 wurde der Schädling aufgrund des massiven Populationsaufbaus zu einem ernsthaften Problem im Obst- und Weinbau. Ziel der Arbeit war es, mithilfe eines gezielten Monitorings mit Becherfallen den Befallsdruck vorauszusagen und die entsprechenden Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Drosophila suzukii (D. suzukii) ist eine Insektenart aus der Familie der Taufliegen. Sie ist etwa 2 bis 3 mm groß, hat rote Augen und einen gelb-bräunlich gefärbten Körper. Die Fliege ist eng verwandt mit der schon lange bekannten Drosophila melanogaster (D. melanogaster), welche im Vergleich zur D. suzukii gründlich erforscht wurde, da sie insbesondere für genetische Versuche als klassisches Studienobjekt diente [3]. Die Kirschessigfliege kommt ursprünglich aus Südostasien und wurde vor einigen Jahren durch Transport von befallenem Obst nach Europa verschleppt. 2011 wurde der Schädling erstmals in Graubünden in einer Himbeeranlage gesichtet. Ein Jahr später war D. suzukii in der gesamten Schweiz, von den tiefsten Lagen bis 1500 m. ü. M., anzutreffen [1, 2].

D. suzukii bevorzugt hauptsächlich Weichobstarten wie Strauchbeeren, Steinobst und Trauben. Genauer gesagt, sind es Hefen und zuckerhaltige Säfte, welche zur Ernährung der Tierchen dienen. Sobald Kulturen mit Früchten ihr Reifestadium erlangen, werden sie als Nahrungsquelle attraktiv [1, 2, 10]. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fruchtfliege wird sie zwar von gärenden Früchten angezogen, benötigt aber für die Vermehrung intaktes, reifes Obst. Mithilfe des ausgeprägten Eilegeapparats der weiblichen D. suzukii, werden die Eier direkt unter die Fruchthaut abgelegt. Aus den cremefarbigen Eiern schlüpfen nach ein bis drei Tagen kleine Larven, die das Fruchtfleisch zur Ernährung nutzen und damit direkten Schaden an der Frucht verursachen. Sie wird matschig und fällt in sich zusammen. Zudem entsteht bei der Eiablage eine Eintrittspforte für Krankheitserreger, wie beispielsweise die Hefeart Hanseniaspora uvarum [13]. Da sich in bedenklich kurzer Zeit mehrere Generationen gleichzeitig fortpflanzen, kann die Kirschessigfliege in wenigen Monaten zu einer riesigen Population heranwachsen.

Im Sommer und Herbst 2014 wurde der Schädling erstmals zum Problem, da der verhältnismäßig warme Winter und der feuchte Frühling nahezu optimale Bedingungen für eine rasche Vermehrung der Kirschessigfliege schafften. Das Wissen zu dieser Problematik war damals noch nicht weit fortgeschritten und daher war die Unsicherheit bei vielen Obst- und Weinbauern groß. Kurzfristig reagierten viele Bauern in einem sehr geringen Zeitraum vor der Ernte mit dem Einsatz von Insektiziden. Diese Vorgehensweise wurde aufgrund der akuten Ausnahmesituation vom Bund gestattet, rückblickend war sie jedoch von geringem Nutzen. Trotzdem war der befürchtete Schaden und die Einbußen in der Bündner Herrschaft niedriger als erwartet, nämlich bei 5 bis 10 % [11].

Zusätzlich zum Einsatz von spezifischen Insektiziden wurden auf Versuchsbasis auch Steinmehl und Löschkalk eingesetzt. Löschkalk brachte einen gewissen Erfolg, da er den pH-Wert in den stark basischen Bereich verschiebt und somit möglicherweise die Atemschläuche der „Suzuki-Eier“ verätzt [5, 6, 8]. Neben dieser direkten Bekämpfung gibt es aber auch prophylaktische Maßnahmen, die zusätzlichen Schutz versprechen.

Das frühzeitige Entlauben, das Unterlassen des Kompostierens in der Nähe von Obstkulturen und kurzgehaltene Grünzonen am Boden stellen einen wichtigen Teil der vorbeugenden Hygiene dar. Weiterhin werden bei einzelnen Obstbäumen auch engmaschige Netze sowie Becherfallen als Köder eingesetzt, doch die Variante des Massenfangs war bisher noch nicht wirklich erfolgreich [9].

Zur Abschätzung der Bedrohungslage und Erfassung der Populationsdichte nutzte ich die Methode des Monitorings (Kontrolle) mithilfe von Becherfallen der Firma Profatec [4]. Ziel war es, während einer längeren Phase der Kirschessigfliege- Überwachung in einem Bündner Weinbaugebiet (Malans) den Einfluss folgender Parameter auf die Fangquote zu untersuchen: Farbe der Fallendeckel, Einsatz von Betacyclocitral (BCC), Positionierung der Fallen und Jahreszeit. Unter dem Binokular wurde jeweils in D. suzukii gesamt, Männchen und Weibchen sowie die verwandte Drosophila melanogaster (D. melanogaster) unterschieden. Meine Vision war es, alle optimalen Bedingungen dieser verschiedenen Faktoren zu nutzen, um eine Falle mit maximaler Fangquote zu gewährleisten (siehe Abb. 2)

Um den Einfluss dieser einzelnen Faktoren zu prüfen, wurde zu jedem Parameter eine Testreihe gestartet. Bei der Farbgebung standen rote, orange, gelbe, grüne und schwarze Fallen zur Verfügung (siehe Abb. 3). Für die Untersuchung der Köderflüssigkeit experimentierte ich mit verschiedenen Dosierungen von 0 ml, 0,5 ml, 1 ml und 2 ml Betacyclocitral (BCC). BCC soll, gemäß Studien des Max-Planck-Instituts [7], ausschließlich D. suzukii anlocken, da sie diesen Blattduftstoff durch spezialisierte Geruchssinneshaare (Sensillen) auf der Antenne wahrnehmen, welche andere Arten nicht aufweisen. Zum Einfluss der Positionierung wurde ein schattiger, halbschattiger und ein sonniger Standort gewählt. Die Becherfallen hängte ich jeweils nach sieben Tagen ab und analysierte deren Inhalt unter dem Binokular. Jede Testreihe beinhaltete immer drei Versuche mit jeweils sechs Fallen, um eine wissenschaftliche Belegbarkeit garantieren zu können. Als Standardfallenfarbe für die Tests diente der bislang übliche rote Deckel. Die Zusammensetzung der Köderflüssigkeit bestand aus einer Mischung von Weinessig, Bier und Himbeersirup.

Abb. 4 zeigt die Ergebnisse der Untersuchung zur Farbgebung der Fallendeckel. Die Säulen zeigen die Summen der gefangenen Individuen aus jeweils drei Fallen. Auffallend ist, dass die Fallen mit schwarzen und orangefarbenen Deckeln sich bei D. suzukii deutlich von Inden übrigen Farben unterscheiden, während bei D. melanogaster mit Ausnahme der wohl als Ausreißer zu betrachtenden gelben Farbe wenig Unterschiede auftraten. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die männlichen und weiblichen D. suzukii vor allem schwarze und orange Fallen bevorzugen. Was gleichzeitig auch einen Hinweis darauf gibt, dass die Standardfallenfarbe rot nur eine mäßig attraktive Lockwirkung hat.

Abb. 5 zeigt die Anzahl der angelockten Männchen und Weibchen von D. suzukii bei unterschiedlicher Dosierung von Betacyclocitral. Die Vergleichsprobe (ohne BCC) dient als Richtwert für die Effizienz gegenüber dem dosierten Einsatz des Lockstoffes. Die Zugabe von 2 ml BCC hat eine deutliche Hemmung der Fangquote zur Folge. Eine Ergänzung der Standardköderflüssigkeit mit 1 ml BCC vermindert vor allem die Fangzahl der Männchen, hat jedoch wenig Einfluss auf die der Weibchen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass dieser Lockstoff nicht nur im Labor, sondern auch im Freiland funktioniert. Die Dosierung von 0,5 ml BCC bewirkt eine Verdoppelung der gefangenen Weibchen gegenüber der Kontrollfalle mit 0 ml BCC, während sich die Fangquote der Männchen nicht verändert.

Abb. 6 zeigt die Anzahl der gefangenen D. suzukii an verschiedenen Standorten. Die Säulen repräsentieren die Summe der Männchen und Weibchen aus jeweils 6 Fallen. Die höchste Fangquote hat der schattige Standort, umgeben von Obstbäumen, erzielt. Grundsätzlich wurde beobachtet, dass bei tieferen Temperaturen und viel Regen mehr Befall zu erkennen ist. Die Resultate bekräftigen die Beobachtungen, dass mit zunehmender Sonneneinstrahlung die D.-suzukii-Population deutlich abnimmt. Zusätzlich bestätigt es, dass das feuchte Mikroklima bevorzugt wird. Mit der richtigen Lokalisierung einer Falle kann also ein Optimum an D. suzukii gefangen werden.

Das Standardmodell der Profatec-Fallen besitzt derzeit rote Deckel. Auch in den Merkblättern von Agroscope und im InZuternet wird diese Farbe als besonders attraktiv angegeben. Vermutlich weil Rot am ehesten mit dem Aussehen reifer Früchte assoziiert wird. Interessanterweise wurde der Einfluss der Farbgebung vor meinem Forschungsprojekt nie wissenschaftlich überprüft, doch meine Ergebnisse zeigen deutlich zwei favorisierte Farben. Während die besondere Anlockung der schwarzen Falle eventuell auf eine stärkere Erwärmung und der damit verbundenen höheren Verdunstung der Köderflüssigkeit zurückzuführen ist, gibt es keine derartige Erklärung für das orangfarbene Modell. Diese Erkenntnis sollte der Praxis für die Überwachung der Kirschessigfliege helfen, da solche verbesserten Fallentypen das Monitoring optimieren und erleichtern. Mit dieser Testreihe wurden zugleich neue, wichtige Erkenntnisse gesammelt und gleichzeitig ein verbessertes Köderfallensystem (ohne zusätzlichen Kostenaufwand) für den Markt entwickelt.

Aus Untersuchungen des Max-Planck- Instituts ist bekannt, dass D. suzukii spezifisch auf den Blattduftstoff BCC reagiert. Bei dieser Versuchsreihe ging es nun darum, den Einfluss dieser Substanz auf die Fangquote zu bestimmen und eine optimale Dosierung zu eruieren. Beim Geschlechterverhältnis geht hervor, dass die zusätzlichen Fangzahlen fast ausschließlich weibliche Individuen betreffen. Damit stellt sich die Frage, ob die Zusatzfänge auf eine spezifische Duftsensibilität der Weibchen zurückzuführen sind, die möglicherweise mit der Eiablage im Zusammenhang steht. Die Zusammensetzung der Köderflüssigkeit ist normalerweise auf die Nahrungsaufnahme ausgerichtet. Eine Verschiebung in Richtung Eiablage müsste den Anteil an weiblichen Individuen erhöhen. Beim Referenzversuch ohne BCC ist das Verhältnis von männlichen zu weiblichen D. suzukii praktisch 1:1. Bei Zugabe von 0,5 ml BCC verdoppelt sich die Zahl der weiblichen Tiere, während die der Männchen sich nicht verändert. Eine Erhöhung der Dosierung auf 1 ml BCC hat gegenüber der Kontrolle wenig Einfluss auf die Fangquote der Weibchen, halbiert aber die Zahl der männlichen Individuen. Aus diesen Resultaten geht hervor, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Reaktion von D. suzukii auf BCC vorliegen.

Diese Testreihe bestätigt die herrschende Lehrmeinung, wonach der Standort der Falle einen entscheidenden Einfluss auf die Fangquote hat. So wurden weder in der freistehenden Kultur (Himbeeren) noch in der Ausrichtung einer von Nord nach Süden verlaufenden Mauer (Brombeeren; am Morgen besonnt, am Nachmittag schattig) hohe Fangzahlen erzielt, während gleichzeitig in einem angrenzenden, schattigen Obstgarten über 300 Individuen gefangen wurden. Der Grund für den favorisierten schattigen Standort liefert die Bedeutung des Namens Drosophila (tauliebend), da sie vor allem feuchtes Mikroklima bevorzugt.

Mit diesem neuerlangten Wissensstand können auch Abhängigkeit von Befall und Feuchtigkeit (Temperatur, Wetter) erkannt und eingeschätzt werden. Zudem ist es bei der Analyse von bisherigen Wetterdaten möglich, Rückschlüsse auf die Höhe der herrschenden Population zu machen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei meinem Beisitzer Hans Peter Ruffner, bei meinem Experten von Schweizer Jugend forscht Jürg Gafner und natürlich auch bei meinem Maturacoach Manuel Voellmy, welche mir stets tatkräftig und motivierend zur Seite standen. Ihre Ratschläge, Tipps und Erfahrungen waren mir während dieses Projekts eine überaus große Unterstützung. Ein weiterer Dank gebührt auch der Firma Profatec in Malans für das Bereitstellen dieser speziell angefertigten Sonderedition verschiedenfarbiger Becherfallen.